Silke ist eigentlich ein braves Kind – und das seit 33 Jahren. Sie ist das einzige Kind ihrer überaus fürsorglichen Eltern und sie ist mit allerfeinsten Antennen ausgestattet, wie sie es auch wirklich allen recht machen kann ohne aufzufallen. So beschreitet sie eigentlich schon ihr ganzes Leben den lieben, unauffälligen und angepassten Weg. Nach dem Abitur macht sie eine Ausbildung als Verwaltungsangestellte und merkt schon nach kurzer Zeit: „Eigentlich bin ich hier am falschen Platz.“ Aber hatten ihre Eltern nicht so sehr zu diesem Beruf geraten: „Kind, lern was Vernünftiges und Sicheres“. Wie froh ist sie, als sie nach der Geburt ihres ersten Kindes, ohne für Aufsehen zu sorgen, die Behörde verlassen kann – natürlich mit der beruhigenden Rückkehrgarantie. Durch einen Mutter-Kind-Kreis in einer Gemeinde lernt sie andere Mütter kennen. Sie besucht Gesprächskreise, wagt Gedanken zu denken, die ihr bisher fremd und vielleicht ein bisschen beängstigend schienen: „Wer bin ich eigentlich? Wer verbirgt sich hinter der angepassten, braven Fassade?“ Sie wagt es zu träumen und begibt sich dabei auf ein neues Terrain, denn sie verlässt damit – auch wenn es zunächst „nur“ gedanklich geschieht – die alten Sicherheiten, die da heißen: Ich tue, was andere von mir erwarten und bin mir daher deren Wohlwollen sicher. Aber zur gleichen Zeit vernimmt sie immer deutlicher eine andere Stimme. „Du bist eine besondere Frau!“ Und Silke beginnt, ihren Traum zu leben: Als Silkes Kinder groß genug sind, um wieder in den Beruf zurückzukehren, geht sie mit allen Konsequenzen den anderen Weg – ihren Weg, der für sie Über im Glauben Begründeter Selbstannahme führt. So beginnt sie ein Pädagogikstudium, statt wieder in den alten, ungeliebten Beruf zu gehen. Sie gibt alte Sicherheiten auf und riskiert den Weg ins unbekannte Land.
Frauen, die in engeren Kontakt mit sich selbst, also den eigenen Bedürfnissen, Stärken, Schwächen kommen, können sich besser gegen Grenzüberschreitungen wehren. Sie entwickeln Mut, nicht mehr an der falschen Stelle zu schweigen, zeigen nicht mehr lange Verständnis, wo ein kritisches Wort richtig am Platz wäre. Aber auch Frauen, die so gar nicht die Aura der unscheinbaren, angepassten Frau haben, sondern eher aktiv und äußerst dynamisch wirken, sind nicht unbedingt näher bei sich und dem Finden des eigenen Stils.